Wir müssen fit, schick und klug sein, interessant und erfolgreich und ach ja, nicht zu vergessen – sexy. Und egal wie gut wir etwas machen, es gibt immer jemanden, der es noch besser macht. Das Ergebnis von dieser flächendeckenden Denkweise: Millionen von Menschen schlucken Medikamente, um ihren Alltag zu bewältigen. Selbstverurteilung ist bei uns Programm, wenn wir nicht das Gefühl haben, im Spiel des Lebens auf der Gewinnerseite zu stehen. Resultate daraus sind Unsicherheiten, Sorgen und Ängste, aber auch Depressionen und andere psychische Erkrankungen.
Wie viele Menschen fühlen sich in unserer Leistungsgesellschaft wohl wirklich wohl in ihrer Haut? Die Gesellschaft „verpflichtet“ uns etwas ganz Besonderes zu sein. Aber was, wenn wir hinter diesem Ideal zurück bleiben? Dies hat für viele Menschen dann einen starken Beigeschmack des Versagens.
Wenn ich also mit dem Grundgedanken durch den Alltag laufe, dass ich besser sein muss als du, um mich besser in meiner eigenen Haut zu fühlen, wie realistisch schätze ich dann wohl mich selbst als auch dich ein?
Unser Ego fühlt sich deutlich besser, wenn wir unsere eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten auf eine andere Person projizieren können. Wie viel Zeit verschwenden wir damit, uns gegenseitig die Schuld zuzuweisen und uns für unser Handeln zu rechtfertigen, anstatt zu unseren Schwächen und Fehlern zu stehen?
Was können wir also gegen diesen Kreislauf aus Selbstverurteilung und Projektion tun? Uns selbst mit derselben Freundlichkeit und Fürsorge behandeln, wie unsere beste Freundin. Auf den Punkt gebracht, selbstbezogene Freundlichkeit praktizieren. Zunächst kannst du Inne halten, um dein eigenes Leid zu erkennen. Gerade in unserer westlichen Kultur lernen wir durchzuhalten und uns nicht zu beklagen. Der erste Schritt ist, das eigene Leid überhaupt zu Kenntnis zu nehmen. Wir können auch Selbstmitgefühl für uns empfinden, wenn wir etwas Falsches zu jemandem gesagt haben. Anstatt in Selbstverurteilung zu versinken überlege dir mal, ob du eine Freundin oder Angehörigen dafür bestrafst, wenn ihr/ihm mal etwas danebengegangen ist.
Wo steht geschrieben, dass wir perfekt sein müssen? Das wir alleine daran Schuld sind, wenn wir ein Ziel nicht erreichen? Das wir deswegen kein Mitgefühl verdient haben? In Wahrheit hat jedes Lebewesen Mitgefühl verdient.
Wenn du das nächste Mal hart über dich urteilst und dein innerer Kritiker dich laut anschreit, dann frage dich, ob du genauso mit deiner besten Freundin / deinem besten Freund sprechen würdest. Wenn die Person mit ihrem Fehler oder ihren Zweifeln zu dir kommt, würdest du sie fertig machen? Sie beleidigen? Sie runterziehen?
Warum also solltest du dies mit dir machen?
Sei dir selbst deine beste Freundin ☺
Du möchtest gerne mehr Selbstmitgefühl in deinem Alltag integrieren? Hier ein paar Einstiegsfragen:
- Welche Sprache benutzt du dir gegenüber, wenn dir eigene Schwächen und Fehler bewusst werden? Beleidigst du dich selbst, oder sprichst du in einem freundlichen und verständnisvollen Ton mit dir?
- Wie fühlst du dich, wenn du selbstkritisch bist?
- Wenn du besonders hart zu dir warst, fühlst du dich motiviert oder entmutigt?
- In welchen Situationen bist du selbstkritisch mit dir?